von Christina Zehetner I 30.10.2018
Familienspaß im Möbelhaus oder: das nächste Mal bestellen wir online
Wir waren gestern im Möbelhaus. Ihr wisst vermutlich was jetzt kommt. Schon am Eingang schlugen sich die ersten Kleinkinder bzw. ihre Väter um den Einkaufswagen mit Plastikauto vorneweg. In der kleinen Bäckerei an der Ecke gab es gummiartige Brezeln und aus den Lautsprechern waberte schon Weihnachtsmusik. Wir mussten in die Esszimmerabteilung. Dort hechteten moderne, jungschicke Eltern hinter ihren Kindern her, die sich barfüßig über neue, ebenso moderne und spottbillige Couchgarnituren warfen. Teenies fläzten gelangweilt auf grellen Sitzsäcken und feilten sich die Nägel, während aus ihren Ohren dicke Bässe wummerten und sich ihre Eltern ums neue Küchenbüffet stritten. Im Selbstbedienungsrestaurant jonglierten ernährungsbewusste Familienmütter auf einem Miniteller meterhohe Salatberge. Die Dressings schwappten auf dem Weg zum holzeingelassenen Ecktisch über die Ränder. Kinder verschlangen Kinderportionen voll Spagetti und Pommes. Babys plärrten sich die Seele aus dem Leib, während ihre Mütter mit den großen Geschwistern gefühlte Stunden an der Toilette anstanden, nur um dort festzustellen, dass es kein Klopapier mehr gibt.
Eine Supermama gibt immer alles
Ich war schon nach einigen Metern fix und fertig. Das lagt evtl. auch daran, dass ich drei Jacken inkl. einer Tasche, nebst meiner Tochter an der Hand durch die Abteilung schleifte. Wir hatten den Kampf um das Plastikauto am Eingang verloren. Während Christoph gemütlich alleine schlenderte und die Augen schweifen ließ, kam ein überaus motivierter Verkäufer auf uns zu. Christoph unterhielt sich sofort angeregt mit ihm über das mögliche Design von Stuhlbeinen. Ich ließ mich ermattet auf eine sandfarbene Couch fallen. Dabei sah ich gerade noch aus den Augenwinkeln wie unsere kleine Marlene Schuhe und Socken auszog und mit ihren kleinen Füßchen in einen extra im Bistrobereich – zwischen Esszimmern und Küchen – angelegten Goldfischteich stieg. Ich sprang von meinem sandfarbenen Wunder auf, schubste den pseudo-gestylten Teilzeitverkaufsberater samt Christoph zur Seite und hechtete von null auf hundert in 1,4 Sekunden in den Bistro-Teich um meine Tochter vor dem Tod durch Ertrinken im Möbelhaus zu retten. Nur gut, dass ich mit sechs Jahren das Seepferdchen gemacht habe. Ich konnte ja nicht ahnen, dass ich das einmal im Möbelhaus brauchen würde.
Mit Kindern erlebt man sein blaues Wunder
Nach dieser Aktion meinerseits war Marlenchen zwar gerettet, aber inklusive mir patschnass. Der mäßig freundliche Möbelmensch ließ sich gerade noch dazu herab, uns ein Handtuch aus der Bäderabteilung zu bringen, dass dort bunt gemustert als Deko hing, während mein Mann nichts weiter tat als mit den Augen zu rollen. Vielen Dank auch! Bis gestern glaubte ich eigentlich noch, Marlene wäre auch sein Kind. Naja, wir mussten die Einkaufstour beenden, kauften Marlene in der Baby- und Kleinkindabteilung noch ein neues Kleidchen nebst Unterhose und Strumpfhose und begaben uns schweigend auf den Heimweg. Einzig Marlene brabbelte munter vor sich hin. Sie wünscht sich jetzt unbedingt ein Aquarium mit bunten Fischen zu Weihnachten. Hilfe!
Bleibt locker,
eure Supermama
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